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ArbSchG – Welche Pflichten hat eine Führungskraft im Arbeitsschutz?

Die Grundlagen des Arbeitsschutzrechts haben wir bereits betrachtet und das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) als „Grundgesetz des Arbeitsschutzes“ in Deutschland kennengelernt. Dabei haben wir uns mit dem Anwendungsbereich und der Frage nach den Verantwortlichkeiten im Arbeitsschutz beschäftigt, also auch Pflichten der Führungskraft. Wir haben gesehen, dass potenziell alle Führungskräfte (zumindest solche mit Weisungsbefugnis) als weitere verantwortliche Personen im Sinne des § 13 ArbSchG Pflichten im Arbeitsschutz wahrnehmen müssen. Auf dieser Seite möchten wir uns nun mit den konkreten Pflichten, die sich hieraus ergeben, beschäftigen.


Arbeitsschutz als fester Bestandteil der Pflichten der Führungskräfte

Mit dem ArbSchG wurde die EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz 89/391/EG in deutsches Recht umgesetzt. Damit sollte eine zeitgemäße Philosophie verwirklicht werden: den Betrieben wurden Entscheidungsspielräume für die Planung, Umsetzung und Verbesserung des Arbeitsschutzes gelassen. Arbeitsschutz sollte als ständige Aufgabe und Pflicht der Führungskraft und fester Bestandteil der Führung und Organisation eines Unternehmens verstanden werden: im Idealfall sollten Prozesse, Produkte und Arbeitsschutz gemeinsam verbessert werden.

In diesem Zusammenhang wurde vom BMAS auch die Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) gestartet, die u.a. neue Modelle eines innovativen Arbeitsschutzes entwickeln sollte. Diese Philosophie findet sich im ArbSchG wieder, etwa in §§ 1 und 3 ArbSchG, in denen nicht nur die Gewährleistung, sondern auch die Verbesserung des Arbeitsschutzes gefordert wird. Zu den Grundpflichten nach § 3 ArbSchG gehört es, die hierfür erforderlichen Maßnahmen festzulegen, für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Die Maßnahmen müssen bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden.


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Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen als Pflicht der Führungskräfte

In Übereinstimmung mit dem geforderten Entscheidungsspielraum legt das Unternehmen selber fest, welche Maßnahmen erforderlich sind, um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu gewährleisten und zu verbessern. Vorgegeben ist aber in § 5 ArbSchG, dass mittels einer Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln ist, welches die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen sind. Das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und die festgelegten Maßnahmen müssen nach § 6 ArbSchG dokumentiert werden. Damit wird die Gefährdungsbeurteilung zu dem zentralen Instrument des betrieblichen Arbeitsschutzes. Sie ist die logische Voraussetzung, überhaupt sinnvolle Maßnahmen festlegen zu können.

Wir kommen später auf die Gefährdungsbeurteilung zurück. Grundsätzlich sind alle Maßnahmen zum Arbeitsschutz auf ihre Wirksamkeit zu prüfen; das bedeutet in der Regel, dass das Erreichen mindestens der gesetzlich vorgegebenen Schutzziele zu überprüfen ist. Eine Anpassung der Arbeitsschutzmaßnahmen ist z.B. nach Unfällen oder arbeitsbedingten Erkrankungen, bei Überschreitungen von Grenz- oder Expositionswerten, ggf. bei Einführung neuer Arbeitsmittel, geänderten Erkenntnissen oder geändertem Stand der Technik sowie neuen oder geänderten Rechtsvorschriften erforderlich. In der Praxis bedeuten diese Anlässe zugleich die Notwendigkeit, die Gefährdungsbeurteilung zu aktualisieren.


Pflichten einer Führungskraft zur Schaffung einer geeigneten Organisation

Die Schaffung einer „geeigneten Organisation“ lässt dem Arbeitgeber ebenfalls Freiheit bei der Gestaltung; sie bedeutet vor allem, die sich aus dem Arbeitsschutzrecht ergebenden Aufgaben auf Führungskräfte und andere Beschäftigte zu verteilen. Damit wird auch die Anforderung an die Integration in die betriebliche Aufbau- und Ablauforganisation und nach Mitwirkungsmöglichkeiten der Beschäftigten (§ 3 Abs. 2 ArbSchG) erfüllt. Beispiel: Es sollte festgelegt werden, wer im Unternehmen für die Erstellung und fortlaufende Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung zuständig ist. Ebenfalls wird die Kontrolle zu dieser Aufgabe festgelegt. Bei der Schaffung einer geeigneten Organisation werden die Verantwortlichen von der Fachkraft für Arbeitssicherheit unterstützt, die nach Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) von jedem Arbeitgeber bestellt werden muss und diesen u.a. bei Organisationsfragen (aber z.B. auch bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung) berät.

Das ASiG enthält weiter die Pflicht zur Bestellung eines Betriebsarztes und zur Einrichtung eines Arbeitsschutzausschusses. Spezifische Anforderungen an die Organisation stellen auch DGUV-Vorschrift 1 und Sozialgesetzbuch VII (Bestellung von Sicherheitsbeauftragten bei mehr als 20 Beschäftigten) sowie das ArbSchG selber: es sind ausreichend Beschäftigte zu benennen, die Aufgaben der Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung übernehmen. Ergänzt werden die allgemeinen Anforderungen aus dem ArbSchG in den Verordnungen, die dieses Gesetz konkretisieren: So wird etwa in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) gefordert, dass bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsverfahrens und des Arbeitsplatzes sowie bei der Auswahl und beim Zur-Verfügung- Stellen von Arbeitsmitteln die Faktoren des Arbeitsschutzes berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 6 BetrSichV).

Da § 3 Abs. 2 ArbSchG eine allgemein gehaltene Rahmenvorschrift ist, die ausgefüllt werden muss, greift hier auch § 87 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): die betriebliche Ausgestaltung ist mitbestimmungspflichtig (siehe hierzu auch BAG 18.3.2014 (1 ABR 73/12). Ob dies auch auf § 3 Abs. 1 zutrifft, ist strittig: gegen eine ablehnende Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg wurde Berufung beim BAG eingelegt.


Welche Mittel sind für den Arbeitsschutz erforderlich?

Welche Mittel für den Arbeitsschutz erforderlich sind, ergibt sich aus den beiden vorherigen Punkten: Zu ihnen gehören in der Regel sichere Arbeitsstätten sowie Anlagen und Maschinen, sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsmittel, erforderliche persönliche Schutzausrüstung; aber auch alles, was die betrieblichen Verantwortlichen benötigen, um ihren Aufgaben nachkommen zu können.


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Allgemeine Grundsätze des ArbSchG zur Festlegung von Arbeitsschutzmaßnahmen

Bei der Festlegung von Maßnahmen sind die in § 4 ArbSchG aufgeführten allgemeinen Grundsätze zu beachten. Da auch dies Rahmenvorschriften sind, ist ihre betriebliche Ausgestaltung nach § 87 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Zentraler Grundsatz ist, dass Gefährdungen für Leben und Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung so niedrig wie möglich gehalten wird. Hierzu sind Technik, Arbeitsorganisation und sonstige Arbeitsbedingungen sachgerecht zu verknüpfen; Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen. Hieraus – und aus den Konkretisierungen dieser Grundsätze in Verordnungen zum ArbSchG – ergibt sich eine Rangfolge aus der Durchführung von Arbeitsschutzmaßnahmen. Sie sind auch als „STOP-Prinzip“ bekannt:

  • Substitution: Beseitigung der Gefahr, z.B. Ersatz eines Gefahrstoffes durch einen ungefährlichen Stoff
  • Technische Schutzmaßnahmen (die u.a. den vorgreifenden mit dem betrieblichen Arbeitsschutz verbinden)
  • Organisatorische Schutzmaßnahmen (worunter insbesondere die „geeignete Organisation“ und die Verfügbarkeit ausreichender Mittel zu verstehen ist)
  • Personenbezogene Schutzmaßnahmen
Arbeitsumfeld

Des Weiteren zu berücksichtigen

Weiter sind bei der Festlegung von Arbeitsschutzmaßnahmen der Stand der Technik, Arbeitsmedizin, Hygiene und sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Das bedeutet natürlich, dass diese im Unternehmen bekannt sein müssen. Unter „Stand der Technik“ versteht man fortschrittliche Verfahren, Einrichtungen und/oder Betriebsweisen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind; dokumentiert wird er vor allem im untergesetzlichen Regelwerk, wie den ,,Technischen Regeln”, die von Ausschüssen (vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 5 ArbSchG; Ausschuss für Arbeitsstätten, für Betriebssicherheit, für Gefahrstoffe, etc.) festgelegt werden (ASR, TRBS, TRGS, etc.) sowie den Regeln, Informationen und Grundsätzen der Unfallversicherungsträger (DGUV-Regeln, -Informationen und -Grundsätzen).

Dieses untergesetzliche Regelwerk konkretisiert die allgemein gehaltenen Schutzziele aus dem ArbSchG; das Verb „berücksichtigen“ erlaubt aber gewisse Freiheiten bei der Anwendung, die sich an der Gefährdung orientiert. Die Schutzziele aus den Rechtsvorschriften müssen aber in jedem Fall verwirklicht werden. Aus der Rechtsprechung und den neueren Verordnungen (vgl. ArbStättV, BetrSichV) ergibt sich bei Beachtung des staatlichen untergesetzlichen Regelwerkes eine (im Falle eines Unfalls oder einer arbeitsbedingten Erkrankung relevante) Vermutungswirkung zugunsten der Einhaltung der Schutzziele. Andernfalls muss das Unternehmen nachweisen können, dass es die Schutzziele eingehalten hat (Bei DGUV-Regeln entsteht eine Vermutungswirkung nicht, vgl. „Leitlinienpapier zur Neuordnung des Vorschriften- und Regelwerks im Arbeitsschutz“ vom 31.8.2011, sie sind aber dennoch aufgrund ihrer typischerweise konkreten Ausrichtung auf betriebliche Abläufe oder Einsatzbereiche in der Praxis sehr hilfreich.).

Zudem:

Zu beachten ist, dass in Verordnungen zum ArbSchG mitunter die Einhaltung des Standes der Technik gefordert ist, z.B. in der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung. Die geforderte Berücksichtigung  der Technik bedeutet nicht nur die Bereitstellung sicherer Arbeitsmittel und Maschinen/Anlagen, sondern auch die Betrachtung von Informations- und Kommunikationstechnologien und deren Auswirkungen (Stichworte „Ständige Erreichbarkeit“, „Informationelle Selbstbestimmung“); die Arbeitsorganisation neben Fragen der Aufbau- auch solche der Ablauforganisation (Arbeitszeit, Art und Umfang der Aufgaben, Arbeitsabläufe, …), aber auch Fragen wie Schutz vor Diskriminierung, Mobbing oder Gewalt am Arbeitsplatz. Sonstige Arbeitsbedingungen umfasst u.a. die Arbeitsumgebung (Gestaltung der Arbeitsstätte, Lärm, Klima, Licht, …), das aufgabenspezifische Umfeld (Kunden, …). Anzustreben ist eine ganzheitliche Gestaltung des gesamten Arbeitssystems, die den Anforderungen des Arbeitsschutzes wie der anderen betrieblichen Ziele gerecht wird.


Welche besondere Beschäftigtengruppen sind zu berücksichtigen?

Zu berücksichtigen sind auch die Anforderungen besonders schutzbedürftiger Beschäftigter, insbesondere:

  • Jugendliche (JArbSchG);
  • werdende oder stillende Mütter (Mu- SchG, MuSchArbV);
  • Menschen mit Behinderungen (SGB IX).

Aber auch andere, z.B. ältere Beschäftigte, können besonders schutzbedürftig sein (beeinträchtige Beweglichkeit, Reaktion, …); weiter sind z.B. mangelnde Befähigung (fehlende Deutschkenntnisse, …) zu beachten. Spezifische Gefährdungen sind in der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln; bei den Maßnahmen ist darauf zu achten, dass beschäftigtengruppenübergreifende Maßnahmen auch in diesem Fall den nachrangigen personenbezogenen Arbeitsschutzmaßnahmen vorzuziehen sind.


Praxistipps für Ihr Managementsystem

Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen ist der im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) erarbeitete „Orgacheck“ eine gute Möglichkeit, mit Hilfe einer Selbstbewertung mögliche Lücken bei der „geeigneten Organisation“ zu erkennen. Eine weitere Möglichkeit, gerade Organisationsanforderungen systematisch umzusetzen, ist die Einführung eines Arbeitsschutzmanagementsystems nach DIN ISO 45001. Selbst ohne die Notwendigkeit einer Zertifizierung kann man diese Normen als Darstellung der „Guten Praxis“ im Arbeitsschutz verstehen. Man kann sie als Leitfaden beim Aufbau einer geeigneten Organisation verwenden.

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